Veranstaltung der Frauenunion Burscheid
Max Kohl (*1881 in Burscheid, † 1976 in Stuttgart) war Burscheider, deutscher Unternehmer und Gerechter unter den Völkern. Sein Leben etwas genauer beleuchte die Frauenunion in einer Informationsveranstaltung im Pastor-Löh-Haus in Burscheid.
Die Frauenunion plante mit 20 Gästen, doch 45 sind gekommen, der Saal war voll. Die Gäste packten kurzerhand mit an und trugen ein paar Stühle die Treppe rauf.
Zunächst gab Iris Hasse, Vorsitzende der Frauenunion Burscheid, einen Rückblick auf das beeindruckende Leben von Max Kohl. Aus einer Gerberfamilie stammend, gewann er bei der Pariser Weltausstellung 1900 eine Goldmedaille für von ihm entwickelte Gerbtechniken. 1921 gründete Max in Burscheid mit der Kölner Feinleder GmbH eine eigene Gerberei Daraus entstand später die Colonia Feinleder GmbH.
Aufgrund seiner Expertise setzten die Nationalsozialisten Kohl als kommissarischen Leiter einer Lederfabrik in Lemberg ein. Die Belegschaft bestand hauptsächlich aus polnischen Zwangsarbeitern und etwa 40 Juden. Das Unternehmen stellte hauptsachlich Produkte für die Wehrmacht und die SS her. So konnte Kohl immer wieder seine Arbeiter retten, indem er mit den begehrten Lederwaren bestach.
Die Gnadenfrist war kurz. Am 1. Juni 1943, dem Tag der Auflösung des Lemberger Ghettos, trieben die SS-Schläger die Juden in der Fabrik zusammen. Sie wurden einige Tage später ermordet.
Am 16. Dezember 1969 erkannte Yad Vashem Max Kohl als Gerechten unter den Völkern an.
Der FU war es wichtig, mit der Veranstaltung auch einen Beitrag gegen Antisemitismus zu leisten und die Frage zu beantworten, wie es dazu kommen konnte. Dr. Ulrike Schrader, Leiterin der BEGEGNUNGSSTÄTTE ALTE SYNAGOGE in Wuppertal war geladen, um das Thema aufzugreifen. Sie begann mit der Erklärung, dass Antisemitismus nicht existent ist, sondern dass es nur Antisemiten gibt. Denn wirkliche Gründe für eine ablehnende Haltung gibt es nicht. Und doch hat der nationalsozialistische Völkermord rund 6 Millionen Juden das Leben gekostet. Wie konnte es so weit kommen?
Antisemitische Bildpostkarte „Gruss aus Borkum“ALAVA – TU Berlin, Inventarnummer 2624
Anhand einer alten Postkarte von Borkum von 1903 zeigte Schrader den Anwesenden, was man zu der Zeit der Versendung der Karte von Juden gehalten hat: Im Kreise der Urlauber waren Juden schlicht nicht erwünscht. Man sang regelmäßig das auf der Postkarte gedruckte Borkumlied mit den schockierenden Zeilen: „wer dir naht mit platten Füßen, mit Nasen krumm und Haaren kraus, der soll nicht deinen Strand genießen, der muß hinaus, der muß hinaus!“ In diese judenunfreundliche Einstellung herein hatten die Nationalsozialisten leichtes Spiel, ausgeprägten Hass zu sähen. Um so wichtiger ist es, sich heute deutlich gegen die Anfänge von antisemitischen Äußerungen und Verhalten zu stellen.
Ein Retter von jüdischem Leben, also ein Gerechten der Völker war übrigens lange Zeit in Deutschland auch nicht ganz so gerne gesehen. Denn deren Existenz steht dem „wir haben das nicht gewusst“ entgegen, aber auch dem „man konnte nichts tun“. Max Kohl zeigt, man hat gewusst, man konnte etwas tun, es zumindest versuchen. Burscheid beschloss erst 1982 auf Initiative eines einzelnen Bürgers Wolfgang Kondruss, eine Straße nach ihm zu benennen.
Die anwesenden Burscheider waren gebannt von dem Vortrag und stellten viele, interessierte Fragen. Besonders erfreut über die späte Aufmerksamkeit für Max Kohl waren einige Nachfahren der Familie Kohl, die gleichfalls unter den Gästen waren.
Bilder: Frauenunion Burscheid